Sonntag, 7. März 2010

Meine Lebensgeschichte

Ich weiß gar nicht mehr genau wie es angefangen hat. Ich weiß nur, dass ich noch sehr klein war so zwischen 8 und 10 Jahre, als ich begonnen habe, ab und zu Kleidung von meiner Mutter anzuziehen. Es hat mir gefallen und ich habe mich gut dabei gefühlt.

Meine Interessen waren so, wie auch heute noch, sehr breit gefächert und ich hatte viel Spaß am Leben.

Mein Leben als „Frau“ war absolut geheim und hatte auch keinen besonders großen Stellenwert. So mit 14 Jahren hatte ich allerdings schon eine kleine Kleidersammlung, von denen ich einige Sachen auch selber gekauft hatte. Ich war neidisch auf die Mädchen, ich wollte mich auch so anziehen.

In dieser Zeit habe ich mit Leistungsport begonnen. Ich habe sehr viel trainiert und war auch ganz gut. Ich habe auch sehr schnell an Muskelmasse zugelegt (heute „hasse“ ich mich dafür). Ich war nicht mehr zufrieden mit meinem Körper.

Mit 19 Jahren hatte ich meine erste Freundin, Sie wusste natürlich nichts von meinem Doppelleben, dass ich auf der einen Seite liebte und gerne weiter ausgelebt hätte und auf der anderen Seite bekämpft habe.

Mittlerweile hatte ich eine große Sammlung schöner Kleidung.

Ab und zu habe ich alles in einen Müllsack gestopft und in irgend welchen Mülltonnen entsorgt. Ich will nicht wissen, was mich das „Frau sein“ schon gekostet hat. Na ja, alle Mülltonnenaktionen waren erfolglos.

Ich hatte eine liebe Freundin, doch die Frau in mir war immer noch voll da, es war so wie man sich einen Transvestit vorstellt. Der Freund der ab und zu die Klamotten seiner Freundin anzieht und in der Wohnung rumhüpft, eigentlich übel, wenn ich heute darüber nachdenke.

Der Drang mich mehr auszuleben wurde immer stärker und ich habe irgendwann meiner Freundin erzählt was mit mir los ist. Sie hat eigentlich nicht konkret drauf reagiert, heute glaube ich, Sie (wir) waren einfach zu jung.

Ich war wie im Rausch und hatte das Gefühl ich drehe durch. Daraufhin habe ich mir das erstes Mal die Beine rasiert.

Meine Freundin konnte absolut nicht damit umgehen. Nach außen war alles Friede, Freude, Eierkuchen und auf einmal war ich wieder alleine.

Meine Freundin hatte sich wieder verliebt, ist glücklich, und ihr jetziger Mann passt viel besser zu ihr.

Ich hatte absolut keinen Plan. Die 5 Kernfragen, wer bin ich, was bin ich, mit wem will ich leben, wo will ich leben, wie will ich leben waren komplett unbeantwortet.

In meiner Orientierungslosigkeit schlitterte ich in die nächste Beziehung und nahtlos in die Übernächste. Meine Rollen habe ich so gut gespielt, dass die Frauen glaubten Ihren Traummann gefunden zu haben, dabei war es nur eine Maske. Wenn es mir zu anstrengend geworden war habe ich mich nicht etwa geoutet sondern habe das sinkende Schiff verlassen.

Nach mehreren Jahren mit kürzeren und längeren Beziehungen ist mir klar geworden, dass es so nicht weiter geht.

Ich habe mir die Frage gestellt mit wem will ich leben und wie lerne ich diesen Menschen kennen. Ich will eine Beziehung in der man sich ohne Maske in den wesentlichen Punkten kennt, respektiert und liebt. Dieses Ziel ist nur zu erreichen, wenn ich mit offenen Karten spiele.

Ich hatte zwei Jahre keine Beziehung. In dieser Zeit habe ich auch begonnen im Internet zu recherchieren und war überrascht wie viel Information es hier gibt und wie farbig, im Sinne von vielfältig, die Menschheit ist. Ich habe Kontakt mit anderen aufgenommen und kann mich noch gut erinnern, als ich das erste mal gechattet habe.

Ich bin vor Aufregung fast gestorben, als auf mein zaghaftes "Hallo" prompt eine Antwort kam. In der Öffentlichkeit zeigte ich mich zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Es war der Sommer 1990, der alles veränderte. Im TV kam die Dokumentation über Coco, ich habe mir diese mehrere male angesehen, und wusste von diesem Zeitpunkt an, dass auch ich nach aussen Frau sein möchte.

Im August 1995 fuhr ich mit meinem Freund nach München an eine Sommerparty von gleichgesinnten (Transsexuellen Gruppe München).

Es war früher Abend und wir liefen von unserem Hotel zu der Veranstaltung, der Selbsthilfegruppe. Das erste mal als „richtige“ Frau. Mein Herz schlug wie wild, auf jeden Fall sind wir Heil angekommen und es war ein unvergesslicher Abend. Ich wurde überschüttet von Komplimenten und war wie im siebten Himmel.

Mir ist bis heute in Erinnerung geblieben, wie ich mich auf dem Weg zurück ins Hotel bei ihm eingehakt habe und einfach glücklich war wie eine Frau behandelt zu werden.

Mit der Zeit bin ich lockerer geworden und seit März 97 Arbeite ich in einer Firma in Zürich die mich einstellte so wie ich bin. Ich habe es aufgeben mich dagegen zu wehren.

Mein Outfit habe ich weiter verbessert und mein Selbstbewusstsein ist gestiegen.

Problematisch wird es wenn ich als ganz „normale" Frau ausgehe oder einkaufe. Die Menschen sehen in mir einen Mann der Frauenkleider trägt.

Dieses Thema ist für die meisten Menschen sehr fremd, ich fühle mich in diesem Moment sehr einsam und am Rande der Gesellschaft.

Auf der einen Seite fühle ich mich wohl, dass ich mich so zeige wie ich mich fühle und es geschafft habe meine vier Wände zu verlassen, auf der anderen Seite fühle ich mich am Rande der Gesellschaft als Außenseiterin, als Wesen das im Nachtleben einer großen Stadt einen Platz finden kann aber nicht im normalen Alltag.

Eigentlich bin ich ein ganz normaler Mensch, ich bin es gewohnt, das ich schnell mit Menschen in Kontakt komme und es finden sich immer schnell Themen bei denen ich mit diskutieren kann. Ich habe einen gut bezahlten Beruf der mir Spaß macht und die Menschen finden mich sympathisch.

Mir geht es eigentlich gut. Es ist sehr frustrierend, dass ich all das was ich geschaffen habe, was ich gewohnt bin aufs Spiel setzen muss, nur weil ich mich so zeigen und geben will wie ich mich fühle.

Ich frage mich, bin ich wirklich transsexuell.

Ich weiß es nicht mit absoluter Gewissheit, aber ich glaube, dass ich es eigentlich nicht bin. Wenn das Merkmal von Transsexualität die Abneigung gegenüber des eigenen männlichen Körpers ist, dann bin ich es nicht. Ich „mag“ meinen Körper.

Ich frage mich aber auch, wie wäre es wenn ich nicht so viel Glück gehabt hätte, wenn ich einen Körper hätte wie Arnold Schwarzenegger.

Wie wäre es, wenn es praktisch unmöglich wäre auch nur eine Spur von Weiblichkeit an meinem Körper zu entdecken.

Ich glaube ich wäre sehr unglücklich mit meinem Körper.

Manchmal denke ich, ich bin nur zufrieden mit meinem Körper weil ich genug Weiblichkeit erkenne kann und es genug Frauen gibt die da mehr Pech gehabt haben.

Bin ich also doch transsexuell und einfach nur so vernünftig, dass ich mit dem zufrieden bin oder es wenigstens meist versuche, was mir die Natur geschenkt hat?

Hormone

Ich bin jetzt seit 1 1/2 Jahren in Hormonbehandlung.

Für mich gibt es zwei Gründe warum ich Hormone nehme.

1. Um meinem Körper meiner Seele, meinem ich anzupassen.

2. Um wie eine Frau auszusehen die einen männlichen Touch hat und nicht so wie heute wie ein Mann der eine Frau sein will.

Ich will ein normales Leben und die Tatsache wie eine Frau auszusehen, gibt mir in der Gesellschaft, die Erlaubnis mich so zu zeigen, zu kleiden wie ich mich wohl fühle.

Wie geht es weiter ?

Das ist eine schwere Frage, es wäre schön wenn ich es wüsste. Trotzdem, dass mir verstandesgemäß vieles klar ist, habe ich Zeiten in denen ich das Gefühl habe den Boden unter den Füßen zu verlieren.

Ich habe sehr liebe Freunde und fast mein gesamtes Umfeld weiß über mich Bescheid. Im wesentlichen lebe ich wie ich will, aber ich finde keine innere Ruhe die mir die Gewissheit gibt, es ist der richtige Weg. Ich wünsche mir einen stabilen Zustand meiner Persönlichkeit, ich wünsche mir ein Ziel in meinem Kopf dem ich folgen kann und von dem ich sicher bin es ist das richtige.

Transsexuelle Menschen sind oft sehr einsam, ich will nicht einsam sein.


Nachtrag 07. März 2010

Seit 2 Jahren bin ich operiert und lebe ein tolles Leben. Mit höhen und tiefen wie alle anderen Menschen auch.

2 Kommentare:

  1. Ich bewundere dich ... einerseits wie offen und ehrlich damit umgehen kannst... anderseits bin ich froh zu sehen dass es einem Menschen besser geht jetzt. An liaba Gruass us Chur .

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  2. *grummel* jahrelang war ich mit dem Namen Mixuga fast allein unterwegs im deutschen netz und plötzlich kommst du daher
    ne, ich nehm es dir nicht übel. die auswahl dieses namens hat den gleichen Grund

    lg
    Silke

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